STUDIE: BEWERTUNG DES GESETZES ZUR STÄRKUNG DES FAIREN WETTBEWERBS

Worum geht es?

Mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs wurden Regelungen erlassen, die die Anforderungen an Klageberechtigte erhöhen oder dafür sorgen, dass Kosten einer Abmahnung wegen Verletzung von Kennzeichnungs- und Informationspflichten im Internet sowie von Datenschutzverstößen nicht mehr erstattet werden. Zudem erhalten Abgemahnte nun einen Gegenanspruch bei unbegründeten und nicht formellen Anforderungen entsprechenden Abmahnungen.
Der neu eingeführte § 11 PAngV verlangt von Unternehmen, bei der Bekanntgabe von Preisermäßigungen den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den sie innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung angewendet haben (im Folgenden: „Referenzpreis“). Dies gilt zwar nur im B2C-Verhältnis und allein für Waren, nicht für Dienstleistungen, damit aber dennoch für weite Teile des Marktes.

Zwischen 2020 und 2022 wurde in einer repräsentativen, empirischen Studie zur „Evaluierung der Regelungen zur Verhinderung des Abmahnmissbrauchs“ im Auftrag des Bundesjustizministeriums untersucht, ob das Ziel der Verringerung missbräuchlicher Abmahnungen um 50 % erreicht wurde und inwiefern sich die neuen Regelungen auf Zahl und Rechtsgrund der Abmahnungen ausgewirkt haben. Zunächst wurde ermittelt, welche Anhaltspunkte für den Missbrauch von Abmahnungen vor der Gesetzesreform bestanden und wie weit dieser Missbrauch verbreitet war. Zur Evaluierung der Reform wurden Berufs- und Wirtschaftsverbände, Industrie- und Handelskammern sowie qualifizierte Einrichtungen und Gerichte jeweils vor und zwei Jahre nach Inkrafttreten der Gesetzesreform befragt und die Entwicklungen analysiert. Anhand dieser Ergebnisse sollte die Wirksamkeit der Wettbewerbsrechtsreform unter Effizienz- und Vereinfachungsgesichtspunkten bewertet werden.

Insgesamt ergab die Studie, dass bei den missbräuchlichen Abmahnungen zwar ein geringfügiger Rückgang zu verzeichnen war, aufgrund des Fehlens einer umfangreichen Datenbasis bei einigen Befragungsteilnehmern aber nicht bestimmt werden konnte, ob die Zahl missbräuchlicher Abmahnungen tatsächlich um 50 % reduziert werden konnte. Festgestellt wurde aber, dass sich durch die Reform keine Änderungen hinsichtlich der Größe der meisten von Abmahnungen betroffenen Unternehmen ergaben – entgegen dem Reformzweck werden Klein- und Kleinstunternehmen weiterhin am öftesten abgemahnt, besonders von ihren Mitbewerbern und Wirtschaftsverbänden. Ebenso bewegen sich die meisten Abmahnungen noch immer auf dem Gebiet des Online-Handels. Als problematisch stellte sich auch heraus, dass missbräuchliche Abmahnungen in der Regel gar nicht erst gerichtlich überprüft werden. Zudem bleibt der Missbrauch schwer beweisbar, was auch einen Grund für mangelnde Gegenwehr gegen missbräuchliche Abmahnungen darstellt.

Auf positive Resonanzen stoßen aber die neuen Transparenzanforderungen der Lauterkeitsrechtsreform, beispielsweise hinsichtlich der neuen Registrierungs- und Berichtspflicht von Wirtschaftsverbänden. Ebenfalls stimmten die meisten Befragungsteilnehmer, mit Ausnahme der Gerichte, dafür, dass der Erhöhung der Anforderungen an Anspruchsberechtigte durch die Reform ausreichend Rechnung getragen wurde.

Die Studie belegt zum einen unsere schon 2021 geäußerte Beobachtung, dass der Indizienkatalog für Missbrauch aus § 8c II UWG, der erstmals die bereits in der Rechtsprechung anerkannten Kriterien kodifiziert, grundsätzlich keine Änderungen in der praktischen Anwendung dieser Kriterien bewirkt hat. Zum anderen lagen wir auch damit richtig, dass Informations- und Kennzeichnungspflichten, die vor Einführung des Gesetzes die häufigsten Verstöße gegen das Recht auf lauteren Wettbewerb darstellten, seltener geltend gemacht werden. Und nicht nur das: Wir behielten auch damit Recht, dass gruppenübergreifend aufgrund der Einschränkung der Kostenerstattung bei bestimmten Verstößen weniger abgemahnt wird – ob dies allgemein oder mehrheitlich in Bezug auf missbräuchliche Abmahnungen der Fall ist, bleibt mangels eindeutiger Ergebnisse der Studie fraglich.

Aufgrund fehlender einheitlicher Datenbasis konnte eine Beantwortung der Frage nach der Zielrichtung weiteren gesetzgeberischen Handlungsbedarfs von der Studie nicht abschließend beantwortet werden, jedoch besteht aufgrund der genannten Defizite laut der Mehrheit der Befragungsteilnehmer weiterhin Reformbedarf.

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