IDO-Verein – Kündigung aus wichtigem Grund?
Es gibt neue Entwicklungen, die begründete Hoffnung geben, dass zahlreiche gegenüber dem Ido-Verein abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärungen aus wichtigem Grund gekündigt werden können.
Was war passiert?
Wir vertreten derzeit mehr als ein Dutzend Einzelhändler, die vom IDO-Verein zur Unterlassung und/oder Zahlung von Vertragsstrafen in Anspruch genommen werden.
Wir haben dabei die Vermutung, dass der IDO-Verein gegen seine Mitglieder nicht ansatzweise mit derselben Härte vorgeht, um für einen lauteren Wettbewerb zu sorgen. Diesen Gesichtspunkt, der ein rechtsmissbräuchliches Verhalten indizieren würde, hatten wir in den Verfahren gegen den Ido-Verein besonders betont.
Das OLG Rostock hat nun mit Beschluss vom 17.11.2020 (Az.: 2 U 16/19) unsere Einschätzung, dass der IDO-Verband seine eigenen Mitglieder gezielt von einer Kontrolle ausschließt, bestätigt und daraus einen Rechtsmissbrauch abgeleitet. So heißt es in diesem Beschluss mit erfreulicher Deutlichkeit:
Es ergibt sich aber nach Aktenlage insgesamt – ebenso wie in dem Verfahren 2 U 5/19 – das Bild, dass der Kläger eigene Mitglieder gezielt von seiner Abmahntätigkeit ausspart. Das gilt auch unter Berücksichtigung der im Prinzip dem Kläger insofern günstigen Beweislastverteilung. Im Ausgangspunkt trifft die materielle Feststellungslast für die tatsächlichen Voraussetzungen des Rechtsmissbrauchs wegen des Einwendungscharakters dieser Rechtsfigur zwar den – vermeintlichen – Verletzer, hier also die Beklagte. Ist aber die tatsächliche Vermutung für die Zulässigkeit der Rechtsverfolgung durch geeigneten Tatsachenvortrag des Verletzers – oder ggf. auch bereits anhand des eigenen Sachvortrages des klagenden Verbandes – erschüttert, aus dem sich Anhaltspunkte für eine systematische „Verschonung“ eigener Mitglieder ergeben, so trifft den Verband eine zumindest sekundäre Darlegungslast. Er muss dann durch substantiierten Tatsachenvortrag den Einwand des Rechtsmissbrauchs entkräften (zusammenfassend Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl. 2020, § 8 Rn. 4.25, m.w.N.). Solche Anhaltspunkte liegen hier vor und sind nicht entkräftet.
1. b) Der Senat kann nach Aktenlage nicht feststellen, dass der Kläger – bezogen auf den hier relevanten Branchen- bzw. Produktgruppenbereich einerseits und die Art des in Rede stehenden Wettbewerbsverstoßes andererseits – auch gegen eigene Mitglieder vorginge. Der Kläger selbst berühmt sich – im Zusammenhang mit der Klagebefugnis – einer derart breiten Mitgliedschaft branchengleicher Marktteilnehmer, dass mit dem Auftreten zumindest vergleichbarer Wettbewerbsverstöße auch innerhalb des klägerischen Mitgliederbestandes typischerweise gerechnet werden muss. Dabei sind rechtlich anerkennenswerte Gründe für eine gezielte Inanspruchnahme nur von Nichtmitgliedern – wie z. B. eine zunächst herbeizuführende höchstrichterliche Klärung abstrakter rechtlicher Fragestellungen in einem „Pilotverfahren“, bei der eine Verschonung eigener Mitglieder nachvollziehbar erschiene – weder vorgetragen noch sonst zu erkennen.
Das gilt unabhängig davon, welcher Art und Intensität ein etwaiges „Vorgehen“ gegen eigene Mitglieder von Rechts wegen sein müsste, um den Einwand auszuräumen, der Kläger privilegiere gezielt seine eigenen Mitglieder. Der Beklagte hat schon im Verfahren vor dem Landgericht mit der Klageerwiderungsschrift vom 14.03.2019 (dort Seite 7 = Band I Blatt 44 d.A.) darauf aufmerksam gemacht, dass sich aus den als Anlage B 7 bzw. B 11 vorgelegten Screenshots der Internetpräsenz der … GmbH branchen- bzw. produktgruppengleiche und auch von der Art des Verstoßes her im Kern gleichgelagerte Wettbewerbsverstöße – fehlende Garantieangaben – eines Mitglieds des Klägers ergeben, ohne dass der Kläger sich hierzu näher erklärt hätte. Die Mitgliedschaft der … GmbH beim Kläger war und ist unbestritten; die Gesellschaft ist unter Nr. 29 in der vom Kläger selbst vorgelegten Mitgliederliste „Elektro- und Elektronikartikelhändler“ erfasst. Der Kläger hat sich hierzu in seiner Replikschrift vom 26.04.2019 (dort Seite 28 = Band I Blatt 75 d.A.) nicht näher – § 138 Abs. 2 ZPO – erklärt. Er hat lediglich pauschal ausgeführt, er bestreite, dass er gegen eigene Mitglieder wettbewerbsrechtlich nicht vorgehe.“
(Fettdruck durch uns).
Dieser Auffassung könnten sich in Kürze weitere Obergerichte anschließen. So läuft in wenigen Tagen in zwei Verfahren vor dem OLG Stuttgart die Frist ab, innerhalb derer der IDO-Verband nach den Vorgaben des OLG Stuttgart (unter anderem) zu erklären hat, in welcher Intensität er gegen eigene Mitglieder wettbewerbsrechtlich vorgeht. Nach unserer bisherigen Kenntnis gibt es solche Verfahren nicht.
Rechtsfolge: Kündigung aus wichtigem Grund?
Sollte sich tatsächlich die Rechtsmissbräuchlichkeit herausstellen, wäre daran zu denken, ein abgegebenes Unterlassungsversprechen aus wichtigem Grund zu kündigen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist das grundsätzlich möglich.
Haben Sie also einmal eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gegenüber dem IDO-Verband abgegeben, sollten Sie unbedingt rechtlich prüfen lassen, ob eine Kündigung aus wichtigem Grund in Betracht kommt.
Rechtsgebiet: Wettbewerbsrecht
News vom: 11. Januar 2021
Beitrag verfasst von: Dr. Benjamin Stillner